Mittwoch, 21. Januar 2009

GRUENZEUX unterwex in Argentinien (Teil 2)

Angeregt durch einen wunderschönen Beitrag gestern Abend in arte sitze ich nun bei argentinischem Rotwein, Tango hörend (Tango Chillout Sessions Vol. 2), in Erinnerungen schwelgend und sehne mich nach 29 Grad inkl. argentinischer Sommersonne mit Untergang selbiger frühestens abends um zehn... Nun gut, wir sind ja auf dem richtigen Wege, die Tage werden länger und zu Teil 2 meines Reiseberichtes passt eigentlich der europäische Winter besser, denn es geht in etwas kühlere Gefilde... ... wie man auf dem ersten Bild auch schnell erkennen kann. Hier, am Rande des Nationalparks Los Glaciares, stößt die trockene patagonische Steppe an die Ausläufer der Anden. Lupinen hatte ich allerdings nicht erwartet... Waren in den Steppen Patagoniens noch die Gräser, Zwergsträucher und Polsterstauden dominierend (siehe Teil 1 des Reiseberichts), finden sich in den deutlich feuchteren Ausläufern der Anden Bäume, Sträucher und Stauden, von denen ich euch einige vorstellen möchte. Typisch südamerikanische Bäume, die in Argentinien und Chile bis weit nach Feuerland hinunterreichen, sind die Südbuchen (Nothofagus). Im Bild zu sehen ist die "Coihue-Südbuche" (Nothofagus dombeyi)...
... die einen ausgesprochen grazilen Wuchs und mit ihrem immergrünen Laub...
... eine herrliche Blattfarbe zeigten. Südbuchen können ähnlich wie unsere Rotbuchen zu wahren Giganten heranwachsen und sehen ihnen dann gar nicht mal so unähnlich...
Besonders interessant zeigten sich die Südbuchen im kaltfeuchten Nebelwald, denn hier waren die Bäume über und über mit mispelartigen Pflanzen übersäht ...
...was vor allem blühend recht hübsch aussah, bei den Südbuchen aber zum Absterben der betroffenen Äste führt.
Im kalt-feuchten Nebelwald wachsen auf den Baumstämmen und Ästen zudem Unmengen von Flechten ...
...was den Bäumen einen bizarren und urigen Anblick verleiht ...
Im Nationalpark Los Claciares ist vor allem einer der insgesamt dreizehn Gletscher bekannt und oft besucht: der Perito-Moreno-Gletscher. Nur selten hat man strahlendblauen Himmel, leichte Regentröpsel im Wechsel mit wolkenfreien Momenten sind hier schon fast ein Erfolg. Und auch ohne Sonne übt die rund 60 Meter hohe Eiswand des Gletschers, die hier in den Lago Argentino abbricht, eine magische Szenerie aus: Das Eis leuchtet in tiefem Blau und strahlendem Weiß, ab und zu hört man das laute Krachen und Reißen der Eismassen. Etwa 1 Meter bewegt sich der Gletscher am Tag - übrigens ist der Perito-Moreno-Gletscher ein noch wachsender Gletscher des patagonischen Inlandeises.
Vor dem strahlenden Weißblau des Perito-Morenogletschers kam der feuerrote "Chilean fire-bush" (Embothrium coccineum) besonders gut zur Geltung. Der immergrüne Strauch ist wegen seiner spektakulären Blüten ...
... zurecht auch eine bei uns gerne gepflanzte Kübelpflanze, die allerdings nur bedingt winterhart ist. Eine weitere sehr gut bekannte Kübelpflanze hat ihren Ursprung in Südamerika: die Magellan- bzw. Scharlach-Fuchsie (Fuchsia magellanica). Sie ist in den Anden von Feuerland bis nach Peru und in unterschiedlichen Varitäten verbreitet. Die fast drei Meter hohen Sträucher an diesem Wasserfall waren schon sehr beeindruckend.
Der gute Herr Magellan hat ja auf seiner Weltreise eine ganze Menge entdeckt, die zwischen Patagonien und Feuerland verlaufende Magellanstraße ist sicherlich seine bekannteste Entdeckung in Südamerika. So wundert es nicht, dass gleich mehrere Pflanzen den Namen des portugisischen Seefahrers tragen. Besonders hübsch die nach ihm benannte Platterbse Lathyrus magellanicus ...
... die mit ihren blauvioletten Blüten ganze Wiesen überzog. Ebenfalls flächendeckend und mit Seefahrerblut: das bei uns bekannte und sonst meist aus Neuseeland stammende Stachelnüsschen ...
Das Magellan-Stachelnüsschen (Acaena magellanica) ist eine bei uns häufig angebotene bodendeckende Staude für sonnige und trockene Standorte. Doch zurück nach Patagonien: An fast jeder Ecke blühte eine sehr auffallende Orchidee Gavilea lutea ...
Sie wächst im Laubhumus der Südbuchenwälder, zwischen anderen schattenliebenden Pflanzen in meist saurem Boden. Ähnliche Standortverhältnisse zeigten diese niederen Pflänzlein, von denen ich offen zugebe: ich habe keine Ahnung wie die heißen (vielleicht kann mir ja jemand über einen Kommentar Infos geben) ...
... aber unheimlich schön sind diese fast leuchtend-orangen Gewächse gewesen!
"Durch den Wind bis ans Ende der Welt" - so lautet eine sehr passende Beschreibung der Verhältnisse in der stürmischsten Ecke der Welt. So wundert es nicht, dass es eigens hierfür Straßenschilder gibt ...
... doch bei genauerem Betrachten von Natur und Landschaft ...
... wären die Schilder fast gar nicht nötig.
Ein ganz besonderer Baum ist der Arrayan aus der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae).
Der immergrüne Baum wächst sehr langsam und wird bis zu 600 Jahre alt. Der Arrayan wird 10-15 Meter hoch, selten wie hier, erreicht er Höhen von 20 Metern. Während einzelne Bäume immer wieder in Argentinien und Chile wachsen, finden sich die einzigen Arrayan-Wälder der Welt hier in Argentinien: im Norden der Insel Victoria und auf der Halbinsel Quetrihué im Nationalpark Los Arrayanes (beide im Nationalpark Nahuel Huapi). Die gekrümmten, zimtfarbenen Stämme ...
... wurden wegen ihres sehr haltbaren Holzes als Dachschindel genutzt - was fast zum Aussterben der Bäume geführt hätte. Noch heute steht der Arrayan deshalb unter Schutz und darf nicht genutzt werden.
Und fast am Ende des "gruenzeux unterwex"-Berichtes zeige ich euch mein Lieblingsbild: Der 3.776 Meter hohe Vulkan Lanin umgeben von mächtigen Araukarien!
So müssen diese herrlichen Bäume aussehen und nicht wie die spargeligen Dinger in manch deutschem Vorgarten (uuups, hoffentlich trete ich da mal keinem auf die Füße...). Im Nationalpark Lanin stehen die nach der chilenischen Provinz Arauco benannten Bäume unter besonderem Schutz.
Im folgenden Bild die Früchte der immergrünen, über 1 000 Jahre alt werdenden Bäume. Araukarien können bis zu 45-50 Meter hoch werden und zählen zu den ältesten Bäumen der Welt.
Zum Wiedereinfinden in europäische Gefilde zum Schluss eine sehr vertraute Pflanze - die Rose. In allen erdenklichen Zuchtformen habe ich sie in den Städten insbesondere der Seenlandschaften der Anden gesehen, nicht umsonst nennen die Argentinier diese Region auch liebevoll die "kleine Schweiz". Nach Chile kam die Wildrose durch spanische Einwanderer, die die europäische Rosa rubiginosa als wirkungsvolle Umgrenzung besetzter Gebiete nutzten.
Heute ist die Wildrose in weiten Teilen Patagoniens bis in 2000 Meter Höhe verbreitet. "Rosa Mosqueta" ist ein Sammelbegriff der heute verbreitete Wildrosenarten Rosa moschata (Moschusrose), Rosa rubiginosa (Apfelrose, Weinrose) und Rosa canina (Hundsrose). Eine besondere Leckerei (die auch daheim in meinem Kühlschrank steht) ist "Dulce de mosqueta" - das "Süße der Rose", kurz leckere Hagebuttenmarmelade!

9 Kommentare:

Wurzerl hat gesagt…

Jetzt bin ich restlos platt, der zweite Teil gefällt mir fast noch besser als der erste, da biste ein bißchen mehr in die Pflanzen hineingekrochen. Muchacho, mit diesem Bericht hast Dich selbst geadelt! Ich finde, Du hast Dir eine weitere schöne Fernreise verdient! Wir sitzen dann wieder fasziniert vor dem Computer und gucken zu! grins! Bueno chico, otra vez muchas gracias!
Wurzerl

Anonym hat gesagt…

Die Reise muss wirklich herrlich gewesen sein. Ich sah letzte Woche einen Bericht über Auswanderer, die in Argentinien seit 20 Jahren leben; kam nur zufällig auf den Kanal. Blieb aber unweigerlich dabei, weil so viel der gezeigten Aufnahmen an deinen Bericht erinnerten. Danke, dass du uns auf die Reise mitnimmst. Andrea

Margit hat gesagt…

Schon das erste Bild verzaubert mich, wie schön sich die unterschiedlichen Farbtöne der Natur zu einem "Teppich" verweben - und dann noch die Berge im Hintergrund herrlich!
Der Stamm des Arrayan-Baumes, den zu zeigst, scheint so, als wäre er gedreht gewachsen, jedenfalls allein schon wegen er außergewöhnlichen Färbung ein ungewohnter Anblick für europäische Augen.
Dein Lieblingsbild ist wirklich herrlich! Wie ein Sinnbild für die Erhabenheit der Natur!
Ich habe auf besagtem Fernsehsender auch die Folgen über Südamerika gesehen und dabei an deinen Reisebericht gedacht und umgekehrt. Das hast du perfekt hinbekommen mit dem Sendetermin bei arte;-)
Liebe Grüße & danke für den ausführlichen Bericht, Margit

Margrit hat gesagt…

Auch dieser Bericht hat mich wieder sehr fasziniert. Dabei auch so locker geschrieben, dass man einfach weiterlesen musste. Toll, Deine Pflanzenkenntnisse. Oder hast Du anhand der Fotos gegoogelt? :)) Egal, auf jeden Fall war es sehr lehrreich.
LG Margrit

Barbara hat gesagt…

Soooo schöne, grosse Bäume! Ich bin hin und weg! Und Rosen hast du auch bildlich eingefangen! Ob da wohl "die kleine Schweiz" auch so kalt ist wie es hier in letzter Zeit gewesen war? Ich hoffe sehr, es kommen noch weitere Teile die du uns zeigst. Sehr informativ und vorallem SEHR interessant dein Bericht!
Lieber Gruss,
Barbara

Anne majoRahn hat gesagt…

Noch einmal hat dein Bericht meine Sehnsucht nach fernen Ländern geweckt.
Wie müssen sich die Pflanzensammler einst gefühlt haben, als sie vor langer Zeit diese Welt zum ersten mal gesehen haben.
Zu gerne würde ich auch diese Orte besuchen, aus denen unsere Stauden herkommen, die wir von den "9er" Töpfen kennen. Dann wüsste ich genau, wie ich mit ihnen umgehen müsste - ich würde es ihnen richtig schön in meinem Garten machen.
Und wer die Bäume in dieser Pracht gesehen hat wie du, würde auch niemals nie auf die Idee kommen, sie in den Vorgarten zu zwängen.

Wäre ich ein Zaunkönig und du ein Adler - ich hätte mich auch unter den Flügeln versteckt und wäre mitgekommen. Du hättest es nicht mal gemerkt, zwinker.
Anne

Akaleia hat gesagt…

Sehr , sehr interessant Grünzeug - toll, dass Du uns an diesen Reiseerinnerungen teilhaben lässt.

LG
Akaleia

P.S. Meine Eltern haben in dem Garten eine nun 35 Jahre alte Araukarie...halt riesig aber nicht voll vom Wuchs wie auf deinen Abbildungen.
Da bist Du schon ganz richtig mit deinem "Spargeligen Wuchs"..:o))

Wurzerl hat gesagt…

Ich noch mal, sah gerade, daß ich gar nicht auf Deine Frage nach der Polsterpflanze eingegangen bin. Also so ganz wirklich kann ich sie nicht erkennen, aber ich könnte mir vielleicht vorstellen, daß sie in Richtung: Deuterocohnia brevifolia geht?! Ohne Gewehr, äh Gewähr!
Noch n' Gruß Wurzerl

Anonym hat gesagt…

Oh, wunderschöne Bilder, da bekommt man Fernweh..

zu deiner Frage: Ich glaube nicht, dass auf dem Bild "Deuterocohnia brevifolia" zu sehen ist, denn das ist eine Bromelie.
Auf deinem Bild ist jedoch ein Bärlapp zu sehen. Ich vermute es ist ein Lycopodium, da Huperzia meines Wissens keine endstädigen Sporophyllstände hat.
Rike